Annegret Kramp-Karrenbauer: Dringende Suchaktion – Sehr geehrte Frau Ministerin, wie wir erfahren, vermisst Ihr Ministerium bzw. die Bundeswehr seit einiger Zeit 60.000 Schuss Munition. Mit den ebenfalls vermissten 48.000 Schuss Munition des »Kommandos Spezialkräfte« (KSK) werden also insgesamt 108.000 Schuss Munition gesucht. Das ist besorgniserregend, weshalb wir Ihre Suche hier mit einem Appell an unsere Leserinnen und Leser unterstützen wollen: Wer immer einzelne Patronen herumliegen sieht, ist dringend gebeten, die nächste Polizeidienststelle zu informieren. Eine detaillierte Beschreibung der fehlenden Munition können wir leider nicht bieten, weil die Patronen verblüffend gleich aussehen und keine besonderen Merkmale aufweisen. Da unsere Leserschaft über großen Spürsinn verfügt, hoffen wir gleichwohl, dass sich das mysteriös Verschwundene mindestens teilweise wieder dingfest machen lässt. Ein Dank ist nicht nötig. Wir betrachten das als Bürgerpflicht.
Jens Spahn: Was ist, was darf Satire? – Verehrter Herr Minister, in einem Gespräch mit der Zeit äußerten Sie sich kürzlich verärgert über die zweifellos verstörende Aktion »allesdichtmachen«. Sie finden »die Kritik in den Clips teilweise geschmacklos und häufig zu undifferenziert«. Das ist Ihr gutes Recht und kam sicher von Herzen. Allerdings: Geschmacklosigkeit und Undifferenziertheit sind geradezu Charakteristika von Satire. Wie Kurt Tucholsky, auf dessen Erbe unsere Zeitschrift u. a. gründet, in seinem Text »Was darf Satire« schon vor mehr als hundert Jahren schrieb: »Die Satire muss übertreiben und ist in ihrem tiefsten Wesen ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird (…), sie beißt, lacht, pfeift und trommelt (…) gegen alles, was stockt und träge ist« – und zwar ohne jede Verpflichtung zu einer darüber hinaus gehenden »Botschaft«. Und nun sitzt vermutlich weit mehr als »halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel« (so Tucholsky über die Wirkung). Insofern war die Aktion offenbar erfolgreich. Nun gehört es sicher nicht zum Anforderungsprofil eines Gesundheitsministers, den Tucholsky-Text zu kennen. Als Politiker sollten Sie jedoch wissen, dass man nicht jeder »Sau«, die durchs Dorf gejagt wird, kommentierend hinterherhecheln darf.