Clara Tempel, 23-jährige Studentin aus Lüneburg, unerschrocken und vorbildlich. – Sie gehen am 21. März freiwillig ins Gefängnis in Hildesheim. Sie werden in dieser Außenstelle der Frauen-Justizvollzugsanstalt Vechta eine siebentägige Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Sie sagen richtig: »Ich habe nichts Unrechtes getan, als ich deutsche SoldatInnen davon abgehalten habe, einen völkerrechtswidrigen Atomkrieg vorzubereiten.« Deshalb weigern sie sich, einen Teil der 30 Tagessätze zu bezahlen, zu denen sie gerichtlich verurteilt wurden, nachdem sie am 12. September 2016 zusammen mit anderen AktivistInnen des Jugendbündnisses Junepa in den Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel eingedrungen waren und dessen Startbahn besetzt hatten, um dagegen zu protestieren, dass dort deutsche Tornado-Piloten den Abwurf von US-Atombomben trainieren, die auf dem Fliegerhorst lagern. Mit ihrer Entscheidung wollen sie andere Menschen ermutigen, zivilen Ungehorsam gegen die Vorbereitung eines Atomkrieges zu leisten und auch dafür ins Gefängnis zu gehen. Aktuell haben Sie es so geschafft, die Friedenskräfte in Hildesheim und Umgebung zu mobilisieren, die während ihres Aufenthaltes hinter Gittern täglich vor dem Gefängnis für Aktionen gegen den Atomtod (erneut auch in Büchel) werben wollen. https://junepa.blogsport.eu/aktionen/gefaengnis/
Heiko Maas, Außenminister (SPD). – Ihr Foto wird – wissen Sie das eigentlich?– im laufenden israelischen Wahlkampf als Werbeträger von der israelischen Justizministerin Ajelet Schaked eingesetzt. Sie selbst kennen Schaked noch aus Ihrer Zeit als Justizminister, als Sie mit ihr einen Helikopterflug über die von Israel besetzten Gebiete machten und seitdem von ihr als »sehr guter persönlicher Freund« bezeichnet werden, mit dem sie sich »blendend« verstehe. Schaked gehörte ursprünglich zur Likud-Partei des Benjamin Netanjahu, dann zur Partei Jüdisches Heim. Ende 2018 gründete sie zur Knesset-Wahl am 9. April 2019 eine eigne Partei, die Neue Rechte, deren Hauptforderungen die völkerrechtswidrige Ablehnung eines palästinensischen Staates sowie der ebenfalls völkerrechtswidrige Ausbau von Siedlungen auf palästinensischem Gebiet sind. Laut Publik-Forum hat sie sich »mehrfach rassistisch über Araber und Muslime geäußert«. Ihre Partei Neue Rechte, die nun im Wahlkampf mit jenem Bild des Helikopterfluges wirbt, gilt im Zwölf-Parteien-Spektrum als »rechtsradikal«. Als Außenminister sind Sie, Herr Maas, aufgefordert, ihrer Freundin die UN-Beschlüsse zu Israel/Palästina in Erinnerung zu rufen und deren Befolgung unmissverständlich einzufordern. Desgleichen sollten Sie der Neuen Rechten untersagen, mit Ihrem Foto weiterhin Wahlwerbung zu betreiben.
Moritz Rödle, Jugendversteher beim Saarländischen Rundfunk. – In Ihrem Tagesthemen-Kommentar am 15. März stellten Sie uns die »neue Lust am Demonstrieren« als Ausdruck eines »klassischen Generationenkonflikts« vor. Auf der einen Seite »junge Menschen, die sich nicht verstanden fühlen« und deshalb freitags lieber zum Demonstrieren als zur Schule gehen, auf der anderen Seite »eine politische Führung, die in großen Teilen nicht versteht, was dieser Generation wichtig ist«. Am Nichtverstehen liegt es also, wenn Politikerinnen und Politiker den Interessen von Autoindustrie, Chemie- und Saatgutkonzernen, Erdölmonopolen und Banken Vorrang gegenüber der Beschränkung der Erderwärmung einräumen? Und alles würde sich in Wohlgefallen auflösen, wenn nur die Politik die Argumente der jungen »Generation« endlich ernst nehmen würde? Mit Verlaub, das ist Schwachsinn. Es geht nicht um zwischenmenschliche Verständnisschwierigkeiten, sondern um klassische Interessengegensätze (man könnte auch sagen: Klassengegensätze). Und noch etwas: Wir verbitten es uns, als Teil einer Nichtversteher-Generation mit Herrn Scheuer, Frau Klöckner oder Frau Merkel auf derselben Seite der Barrikade verortet zu werden, nur weil wir nicht mehr zur Schule gehen.