Annegret Kramp-Karrenbauer, auf NATO-Kurs. – Sie haben begriffen: Das von den USA vorgegebene NATO-Ziel, die »Verteidigungsausgaben« der Mitglieder auf zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern, ist tatsächlich nur »eine Chiffre«. Bei stark sinkendem BIP, wie in Corona-Zeiten zu erwarten, könnte Ihr Etat von derzeit 43 Milliarden Euro sogar schrumpfen und trotzdem noch die NATO-Vorgabe erfüllen. Sie folgern aber seltsamerweise daraus, dass die Bundeswehr bis zum Jahr 2030 »zehn Prozent der Fähigkeiten in der NATO« zu stellen habe. Wie das gerechnet und umgesetzt werden soll, erklären Sie nicht. In Euro ausgedrückt müsste Deutschland seinen Militärhaushalt auf 100 Milliarden Euro aufstocken. Bezogen auf ihre Truppenstärke würde die Bundeswehr von 175.000 auf 330.000 Soldaten aufgebläht. Wir erinnern uns: Sie wollten sich schon mal mittels NATO verstärkt in Syrien engagieren, alsdann einen Flugzeugträger für die Bundesmarine anschaffen, hernach 30 F18-A-Atombombenflugzeuge in den USA kaufen. Jetzt wollen Sie also mit Ihrer Friedenstruppe den nächsten Gipfel stürmen. Als CDU-Vorsitzende sind Sie bald Geschichte. Als Kriegsministerin hoffentlich auch.
Heiko Maas, unangefochtener außenpolitischer Pleitier. – Als Frankreich und Italien jüngst alle mit massiven Sanktionen bedrohten, die sich am Bruch des Waffenembargos gegen Libyen beteiligen, waren Sie sofort mit von der Partie: »Wir wissen, dass sowohl Material als auch Söldner vielfach über gecharterte Schiffe oder Flugzeuge nach Libyen gebracht werden.« Es dauerte halt wieder ein bisschen, bis Ihnen dämmerte, wen die Sanktionen hauptsächlich treffen würden: die Türkei, unseren NATO-Partner und EU-Schmiergeldempfänger, der uns doch die Flüchtlinge aus Syrien vom Hals hält. Zudem Großkunde der deutschen Rüstungsindustrie, deren Qualitätsprodukte schnurstracks im Libyenkrieg zum Einsatz kommen. Da ruderten Sie lieber wieder zurück: In einem »ersten Schritt« könnten (!) »die Unternehmen, Personen und auch Entitäten gelistet werden«. Da klappern dem Erdoğan aber hörbar die Zähne.
Heiko Maas, siehe oben, Teil II. – Auf Twitter kommentierten Sie die Verlängerung der UN-Garantie für Hilfesendungen nach Syrien: »Ich bin erleichtert über die Verlängerung der Crossborder-Resolution für Syrien. Dass der UN-Sicherheitsrat sich am Ende auf unseren Kompromissvorschlag einigen konnte, ist eine gute Nachricht für Millionen von Menschen. Haben als Co-Federführer hart um dieses Ergebnis gerungen.« Sakra, das ist aber eine schweißtriefende Information. Die Einigung hätten Sie schon zu Beginn der Verhandlungen haben können, weil sie exakt einem Vorschlag Russlands entspricht. Angeberei als diplomatische Sternstunde verkauft.
Tagesschau-Redaktion, halbinformativ. – Als sich der EU-Rat nach vier Tagen erbärmlicher Streiterei auf einen Verteilerschlüssel für Corona-Hilfsgelder an die EU-Südländer einigte, meldeten Sie dessen Formel »390 Milliarden Euro geschenkt, 360 Milliarden Euro geliehen« als ersehnten »ersten Durchbruch«. Dass damit ein oberfauler Kompromiss erkauft worden war, berichteten Sie nicht: Österreich wurde ein jährlicher Beitragsnachlass von 565 Millionen Euro statt der planmäßigen 137 Millionen gewährt. Die Niederlande bekommen statt ihrer bisher 1,6 Milliarden künftig 1,9 Milliarden Euro Rabatt. Dänemark erhält einen Abschlag von 322 Millionen und Schweden von 1.069 Millionen Euro pro Jahr. Ihr »Flaggschiff«-Qualitätsjournalismus, der das korrupte Geschacher verschweigt, muss allerdings weiterhin ohne Rabatt gepäppelt werden: mit dem vollen Rundfunkbeitrag seiner Zuschauer.
Nicolás Maduro, Präsident der Bolivarischen Republik Venezuela. – Nach einer weiteren Verschärfung der EU-Sanktionen, mit denen Sie aus dem Amt gezwungen werden sollen, haben Sie die EU-Botschafterin Isabel Brilhante Pedrosa zur »unerwünschten Person« erklärt und angewiesen, binnen 72 Stunden Ihr Land zu verlassen: »Schluss mit dem europäischen Kolonialismus gegenüber Venezuela, es ist genug!« Die Vorwürfe der EU, Sie führten Ihr Land ohne demokratische Legitimation, konterten Sie mit der Bemerkung: »Bereiten Sie sich darauf vor, meine kolonialistischen, rassistischen Herrschaften, in Venezuela wird es freie und transparente Parlamentswahlen mit der Teilnahme von Tausenden von Kandidaten geben.« Unser Vorschlag: Schicken Sie eine etwas ausführlichere Darlegung an die deutsche Bundesregierung, mit Sonderkopie an Außenminister Maas. Sie hat schließlich den selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó anerkannt und gepäppelt, weil das den USA genehm ist.
Annalena Baerbock, NATO-oliv-GRÜNE. – In Ihrem Entwurf für ein neues grünes Parteiprogramm erklären Sie, die NATO sei unverzichtbarer Garant unserer Sicherheit. Das hat Ihnen innerparteilichen Ärger eingebracht. Nicht, dass Ihre Kritiker sich plötzlich der pazifistischen Wurzeln der Grünen erinnert hätten, sondern weil Sie öffentlich sozusagen »Schluss mit dem Friedens-Quatsch!« gesagt haben, ohne sich – nach Art des Hauses – viel dabei zu denken. Ihnen und Ihrer Partei vorzuschlagen, es mal mit tatsächlich friedfertiger Politik zu versuchen, ohne Handelsdiktate, Ausbeuterei, Sanktionen und militärisches Dschingderassabumm, wäre wohl längst Zeitverschwendung.