Wolfgang Wodarg, Freiheitskämpfer. – Sie vertreten landauf landab die Ansicht, die Corona-Pandemie sei nicht so schlimm wie eine Grippewelle. Es fielen ihr zumeist nur Alte und Vorerkrankte zum Opfer. Das massive Vorgehen der Regierungen von Bund und Ländern sei Missbrauch. Und: »Wenn das ZDF sich – gegen starke innere Bedenken – nicht doch entschlossen hätte, mich auch zu Wort kommen zu lassen, wäre da nur der Mainstream, der jetzt gerade unsere Gesellschaft lahmlegt und unsere Freiheitsrechte hintanstellt.« Die ZDF-Bedenken gegen Sie kennen wir nicht. Wir erinnern uns jedoch gut daran, wie Sie einst als SPD-Bundestagsabgeordneter für Freiheitsrechte eintraten: In namentlicher Abstimmung unterstützten Sie im Jahr 2003 alle Schröderschen Gesetze zur Zertrümmerung des Sozialstaats. Auch im Abmagerungs- und Privatisierungsprozess des Gesundheitswesens waren Sie ein willfähriger Ja-Sager. Im Unterschied zu den lediglich 20 ehrenwerten »Abweichlern« Ihrer Partei stimmten Sie 1998 für die »humanitäre Intervention« im Kosovo. Fast 4000 Menschen starben damals im Hagel der NATO-Freiheits-Bomben. Das »Hintanstellen von Freiheitsrechten« hat ebenso viele Gesichter wie Sie.
Wolfgang Schäuble, Bundestagspräsident. – Sie wollen mal eben das Grundgesetz ändern, angeblich, um die Handlungsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen. In einem Brief an alle Fraktionschefs nannten Sie zwei Wege: Ein kleines Notparlament oder virtuelle Bundestagssitzungen. Beides geht nicht ohne GG-Änderung. Sie gehören damit zum Kreis jener Interessenten, die unter dem Schirm der Anti-Pandemie-Politik unsere demokratische Grundordnung noch weiter eindampfen wollen, als sie es ohnehin längst ist. Im »Notparlament« mit – beispielsweise – 13 Mitgliedern (5 CDU/CSU, 3 SPD, 2 AfD, 1 FDP, 1 Linke, 1 Bü90/Grüne) ginge alles ruckzuck. Wo gehobelt wird, da fallen eben Späne. Alternative: Im virtuellen Plenum könnten Sie das Verfahren beschleunigt durchwinken und allen Querdenkern den Stecker ziehen lassen. Unser richtig großes und demokratisch gewähltes Parlament macht doch nur Ärger! Starker Tobak, aber er passt zu Ihnen!
Uwe B., Ossietzky-Leser, aufmerksam. – Sie haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass das Ermächtigungsgesetz vom Reichstag nicht am 5. März 1933 beschlossen worden ist, sondern am 23. März 1933. Am 5. März 1933 hatten Neuwahlen stattgefunden. (Conrad Taler: »Rechts wo die Mitte ist«, Heft 5/20). Wir bedanken uns für den Hinweis. Bleiben Sie uns gewogen.