Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Antworten

Frak­ti­on von Bünd­nis 90/​Die Grü­nen im baye­ri­schen Land­tag. – Nach­dem das Finanz­amt für Kör­per­schaf­ten I in Ber­lin der Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Naziregimes/​Bund der Anti­fa­schi­stin­nen und Anti­fa­schi­sten (VVN-BdA) die Gemein­nüt­zig­keit ent­zo­gen hat, weil deren baye­ri­scher Lan­des­ver­band im baye­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz­be­richt als »links­extre­mi­stisch beein­flusst« dif­fa­miert wird, haben Sie im Land­tag einen Dring­lich­keits­an­trag ein­ge­bracht. Sie for­dern den Land­tag auf, sich bei der Staats­re­gie­rung dafür ein­zu­set­zen, dass die Beob­ach­tung der Lan­des­ver­ei­ni­gung Bay­ern der VVN-BdA durch den Ver­fas­sungs­schutz umge­hend ein­ge­stellt und die Ein­stu­fung der anti­fa­schi­sti­schen Orga­ni­sa­ti­on als links­extre­mi­stisch zurück­ge­nom­men wird. »Die VVN-BdA darf«, so heißt es in Ihrem Antrag, »nicht mehr in den Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­ten des Frei­staa­tes Bay­ern unter ›Links­extre­mi­sti­sche Par­tei­en und Ver­ei­ni­gun­gen‹ genannt wer­den. Fer­ner wird die Staats­re­gie­rung dazu auf­ge­for­dert, sich auf Bun­des­ebe­ne dafür ein­zu­set­zen, dass die Gemein­nüt­zig­keit der Bun­des­ver­ei­ni­gung der VVN-BdA erhal­ten bleibt, und in Bay­ern dafür zu sor­gen, dass die Gemein­nüt­zig­keit der baye­ri­schen Lan­des­ver­ei­ni­gung der VVN-BdA wie­der­her­ge­stellt wird.« – Bravo!

Joa­chim Herr­mann (CSU), ver­stört. – Als baye­ri­scher Innen­mi­ni­ster haben Sie alles getan, um zu ver­hin­dern, dass die Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Naziregimes/​Bund der Anti­fa­schi­stin­nen und Anti­fa­schi­sten (VVN-BdA) erfolg­rei­che Akti­vi­tä­ten vor­wei­sen und neue Mit­glie­der gewin­nen kann. Jedes Jahr haben Sie im Bericht des baye­ri­schen Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz erklärt, dass die anti­fa­schi­sti­schen Akti­vi­tä­ten der Orga­ni­sa­ti­on nur vor­der­grün­di­ge Tar­nung für hin­ter­häl­ti­ge links­extre­mi­sti­sche Bestre­bun­gen sei­en. Und nun das! Über 1000 neue Mit­glie­der inner­halb weni­ger Tage, weit mehr als 20.000 Unter­schrif­ten unter die Peti­ti­on »Die VVN-BdA muss gemein­nüt­zig blei­ben« und hau­fen­wei­se hoch­ka­rä­ti­ge Soli­da­ri­täts­er­klä­run­gen mit der­sel­ben For­de­rung! Mitt­ler­wei­le hat das Ber­li­ner Finanz­amt sogar schon die Voll­zie­hung der ergan­ge­nen Steu­er­be­schei­de aus­ge­setzt – wegen »unbil­li­ger Här­te«! Sie sind ver­stört und fra­gen sich, was Sie falsch gemacht haben. Gute Frage!

W. Putin, D. Trump. – Sie sind bei­des Ker­le, die nicht immer ganz rechts­staat­lich han­deln. Sie, Herr Trump, las­sen schon mal Ter­ro­ri­sten weit in der Welt ermor­den oder nen­nen wir es: hin­rich­ten. Und stel­len die­se Taten auf einen Ehren­sockel. Hin­ge­gen prah­len Sie, Herr Putin, mit der­lei nicht: Es bleibt aber unklar, ob Ihre Leu­te die Hand im Spie­le haben, wenn, wie neu­lich, ein geor­gisch-tsche­tsche­nisch-rus­si­scher Bür­ger, der in Russ­land unter Ter­ro­ri­sten-Ver­dacht steht, in Ber­lin erschos­sen wird. Die Reak­tio­nen der Demo­kra­ten, zum Bei­spiel deut­scher Her­kunft, sind aber recht ver­schie­den. Über Putin wird kom­men­tar­weit und sei­ten­wei­se gerech­tet und gerich­tet. Bei Trump heißt es besten­falls: Nun, die USA hat ja auch in Sachen Todes­stra­fe eine durch­aus eige­ne Rechtsauffassung.

Joa­chim Herr­mann, baye­ri­scher Innen­mi­ni­ster. – Aus Ihrem Haus stammt das baye­ri­sche »Inte­gra­ti­ons­ge­setz« (rich­ti­ger: Aus­gren­zungs­ge­setz), das trotz hef­ti­ger Kri­tik im Dezem­ber 2016 von der dama­li­gen abso­lu­ten CSU-Mehr­heit im baye­ri­schen Land­tag durch­ge­peitscht wur­de. Jetzt (am 4. Dezem­ber 2019) hat auf Antrag von SPD und Grü­nen das baye­ri­sche Ver­fas­sungs­ge­richt meh­re­re Arti­kel des Geset­zes als ver­fas­sungs­wid­rig ein­ge­stuft und auf­ge­ho­ben. Ganz schön pein­lich – wo doch Sie und Ihr Haus bean­spru­chen, als ober­ste Instanz mit fei­ner Nase alles Ver­fas­sungs­wid­ri­ge erschnüf­feln zu können.

Peter Frank, Gene­ral­bun­des­an­walt beim Bun­des­ge­richts­hof, wei­sungs­ge­bun­den. – Sie haben den Mord­fall Tor­ni­ke K. »an sich gezo­gen«. K., geor­gi­scher Staats­bür­ger, war im August im Ber­li­ner Tier­gar­ten ermor­det wor­den. Als Zelimkhan Khan­gosh­vi­li war er 2017 in Deutsch­land vom Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge regi­striert wor­den, weil er behaup­tet hat­te, er wer­de vom rus­si­schen Staat ver­folgt. Er sei Rebel­len­kom­man­deur im Tsche­tsche­ni­en-Krieg gewe­sen. Mit ande­ren Wor­ten: Ein isla­mi­sti­scher Ter­ro­rist. Als Mord­ver­däch­tig­ter sitzt jetzt ein Rus­se in Unter­su­chungs­haft, der nicht nur merk­wür­di­ge Täto­wie­run­gen hat, son­dern auch dadurch auf­fiel, dass er sich bei sei­ner Tat am hell­lich­ten Tag von zahl­rei­chen Augen­zeu­gen beob­ach­ten und bei sei­ner »Flucht« alle Zeit der Welt ließ. Er ließ sich wider­stands­los fest­neh­men. Ein ech­ter rus­si­scher Pro­fi­kil­ler also, und dass er im Auf­trag Putins mor­de­te, ver­steht sich damit von selbst. Die Bun­des­re­gie­rung hat Sie des­halb offen­bar ange­wie­sen, jetzt end­lich den »Anfangs­ver­dacht« zu erklä­ren, rus­si­sche Dienst­stel­len könn­ten den Mord in Auf­trag gege­ben haben. Ihr Anfangs­ver­dacht reich­te wie­der­um unse­rem Scharf­schüt­zen im Außen­amt, Mini­ster Hei­ko Maas, dafür aus, zwei rus­si­sche Diplo­ma­ten aus­zu­wei­sen. Min­de­stens zwei Fra­gen blei­ben offen: Wie war es mög­lich, dass der mit rus­si­schem Haft­be­fehl gesuch­te Ter­ro­rist K. bei uns jah­re­lang frei her­um­lief? Kön­nen eine fak­tisch kom­plett auf­ge­klär­te Gewalt­tat und ein nach­ge­scho­be­ner »Anfangs­ver­dacht« noch mehr nach »Tie­fer Staat« und oppor­tu­nen geheim­dienst­li­chen Zwecken stin­ken als im vor­lie­gen­den Fall? Wann erken­nen Sie einen Anfangs­ver­dacht auf schwe­ren Frie­dens­ver­rat bei unse­rem Außen­mi­ni­ster – hilfs­wei­se auf neu­er­li­che Tier­quä­le­rei, weil er schon wie­der eine anti­rus­si­sche Sau durchs Dorf jagt?

Rai­nald Becker, Chef mit Schleim­spur. – Sie wis­sen genau, was sich für einen Chef­re­dak­teur der Arbeits­ge­mein­schaft der öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­an­stal­ten der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (ARD) gehört. Auf Twit­ter schrie­ben Sie: »Min­dest­lohn und Grund­ren­te: Schrit­te zu mehr sozia­ler Gerech­tig­keit. Dan­ke @spde.de @cdu.de @csu.de.« Der ideel­le Bück­ling, den Sie dabei mach­ten, demon­striert Ihre beruf­li­che Ein­stel­lung. Sie bewei­sen, dass die gesetz­lich gebo­te­ne Staats­fer­ne des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks mit des­sen Spit­zen­per­so­nal steht oder fällt. Sie wis­sen eben, wo die Schmier­nip­pel in unse­rer Par­tei­en­olig­ar­chie sit­zen und wie man sie bedient. Sonst wären Sie kaum ARD-Chef­re­dak­teur gewor­den. Aber was soll’s: Wer ARD sagt, muss auch BRD sagen. Bei unse­ren Staats­be­hör­den geht es eben­so zu wie bei Ihrem Staats­rund­funk. Da wird viel nach oben geschwemmt, was eigent­lich nicht dahin gehört.

Adam Schiff, US-Demo­krat, ver­na­gelt. – Als Lei­ter des Ver­fah­rens zur ange­streb­ten Amts­ent­he­bung des Prä­si­den­ten Donald Trump haben Sie gezeigt, was von Ihnen und der gan­zen Pro­ze­dur zu hal­ten ist. Die Zeu­gen­ver­neh­mung über Trumps Tele­fo­nat mit dem ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Selen­sky eröff­ne­ten Sie mit fol­gen­der Hin­ter­grund­be­schrei­bung: »Russ­land ist im Jahr 2014 in die Ukrai­ne ein­mar­schiert, um deren Umar­mung des Westens rück­gän­gig zu machen und um Putins Wunsch zu erfül­len, wie­der ein rus­si­sches Impe­ri­um zu errich­ten.« Ihr Ablen­kungs­ma­nö­ver macht deut­lich, in wel­che Rich­tung der Hase lau­fen soll. Sie wol­len den Rus­sen den Schwar­zen Peter zuschieben.