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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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(Anti)Faschismus ist (Anti)Militarismus

In der Mes­se Essen steht Ende Juni der Bun­des­par­tei­tag der AfD an. Dass die Par­tei, in der natio­nal­so­zia­li­sti­sche Ansich­ten ver­brei­tet sind, im Ruhr­ge­biet einen Par­tei­tag abhält, ruft den Wider­stand alter­na­ti­ver Kräf­te, der Gewerk­schaf­ten und eta­blier­ter Par­tei­en von der CDU bis zu den LINKEN her­vor. Die Initia­ti­ve »Gemein­sam laut.de« orga­ni­siert den Pro­test. Die Liste der Unter­stüt­zer des Auf­rufs zu Pro­test­ak­tio­nen umfasst Orga­ni­sa­tio­nen wie die Grü­nen, SPD, DKP, die LINKE, Natur­freun­de, Esse­ner Frie­dens­fo­rum, VVN-BdA. Die Orga­ni­sa­to­ren gehen davon aus, dass meh­re­re zehn­tau­send Demon­stran­ten zur Gegen­kund­ge­bung kommen.

Sie wen­den sich u. a. dage­gen, dass eine Par­tei, deren Füh­rung gegen Men­schen mit einem von den Nazis über­nom­me­nen Voka­bu­lar hetzt den Ein­druck von Nor­ma­li­tät erweckt

Eine ande­re Ver­an­stal­tung am glei­chen Ort, die etwas mehr als drei Mona­te spä­ter in der Mes­sen Essen geplant ist, kommt weder in der media­len Bericht­erstat­tung vor, noch neh­men gro­ße Tei­le der anti­fa­schi­sti­schen Spek­tren davon Kennt­nis. Dabei müss­te ein Auf­schrei durch die Öffent­lich­keit hal­len, wenn Mili­tärs im Staat des Grund­ge­set­zes mit sei­nem Frie­dens­ge­bot einen gro­ßen Krieg in Euro­pa und das unter Ein­be­zug nuklea­rer Arse­na­le mit kon­kre­ten Stra­te­gien vor­be­rei­ten. Doch zur Pro­pa­gan­da der Mei­nungs­ma­che im Nato-Staat Deutsch­land gehört es, die Öffent­lich­keit nur mit sol­chen Nach­rich­ten zu ver­sor­gen, die im Inter­es­se der Mili­tärs liegen.

Im Herbst jedes Jah­res lädt die füh­ren­de Nato-Stra­te­gie­schmie­de »Joint Air and Space Power Com­pe­tence Cent­re« (JAPCC) hun­der­te Füh­rungs­kräf­te aus Poli­tik, Rüstungs­in­du­strie und Luft­waf­fe sowie vom Welt­raum-Mili­tär­kom­man­do zu ihrer Jah­res­kon­fe­renz ein. Seit 2015 fin­det die JAPCC-Jah­res­kon­fe­ren­zen in der Mes­se Essen statt.

Eine Mes­se bie­tet den gro­ßen Rüstungs­kon­zer­nen des Nato-Gebiets, die die Kon­fe­renz spon­sern, (sie­he auf der Web­site des JAPCC: Spon­sors) hoch­ka­rä­ti­ge Präsentationsmöglichkeiten.

Die Gefähr­lich­keit die­ser Kon­fe­ren­zen, die man bes­ser »Stra­te­gie­ta­gun­gen« oder gleich »Kriegs­pla­nungs­be­ra­tung« nen­nen soll­te, ergibt sich aus den Tagungs­un­ter­la­gen. Die 2014er-Kon­fe­renz mit dem Titel »Future Vec­tor« mach­te das beson­ders ein­dring­lich deut­lich: Auf Sei­te 141 des Manu­skripts mit dem Tagungs­ti­tel schrei­ben die Stra­te­gen, es sei anzu­zwei­feln, dass es kei­nen gro­ßen Krieg mehr in Euro­pa geben wer­de. Sei­te 70 for­dern die Stra­te­gen ange­sichts die­ser ihrer Erwar­tung einen »ange­mes­se­nen Mix« aus nuklea­ren und nicht nuklea­ren Fähig­kei­ten für die Nato. Sei­te 141 benen­nen sie

auch noch, wo sie den mög­li­chen Aus­gangs­punkt für die­ses Infer­no erwar­ten: Es sind drei Regio­nen und Staa­ten, die einst Sowjet­re­pu­bli­ken waren; alle haben eine gemein­sa­me Gren­ze mit Russ­land. Kon­kret sind das Geor­gi­en, die Ukrai­ne und das Bal­ti­kum, alles Gebie­te, die die Nato in ihre Struk­tu­ren inte­grie­ren will, was sie bis zu einem gewis­sen Grad bereits tut.

Die Nato und die Regie­run­gen ihrer Mit­glieds­staa­ten über­ge­hen mit der Ost-Expan­si­on die War­nun­gen füh­ren­der west­li­cher Diplo­ma­tie und Stra­te­gie, dar­un­ter Geor­ge F. Kennan, der letz­te US-Bot­schaf­ter in der Sowjet­uni­on, Mat­lock, der aktu­el­le CIA-Chef Burns und der ehe­ma­li­ge US-Mili­tär­mi­ni­ster Gates. Sie tun dies auch unter dem Bruch inter­na­tio­na­len Ver­ein­ba­run­gen über eine Frie­dens­ord­nung in gemein­sa­mer, weil gegen­sei­ti­ger Sicher­heit für »einen jeden«, wie es in der Prä­am­bel des Ver­trags zur Ver­ei­ni­gung der bei­den deut­schen Staa­ten heißt.

Die Kriegs­pla­nung der Mili­tärs umfasst auch den psy­cho­lo­gi­schen Krieg, den sie selbst gegen die eige­ne Bevöl­ke­rung mit dem Ziel, sie für ihre Kriegs­stra­te­gie zu gewin­nen, rich­ten. In der Esse­ner JAPCC-Kon­fe­renz von 2015 zum The­ma »Stra­te­gi­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on« kri­ti­sier­ten sie auf den Sei­ten 44 und 45 ihres Tagungs­ma­te­ri­als, dass die USA im unpro­vo­zier­ten Angriffs­krieg gegen den Irak die Welt­be­völ­ke­rung belo­gen, indem sie den Über­fall mit der Gefahr von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen im Irak begrün­de­ten, die es nicht gab. Sie bedau­er­ten, dass die US-Admi­ni­stra­ti­on ihren Krieg nicht mit der Grau­sam­keit der Ira­ki­schen Füh­rung begrün­de­te. So habe man die Chan­ce ver­tan, die Welt­öf­fent­lich­keit doch für ihren Völ­ker­rechts­bruch zu gewinnen.

Drei­ein­halb Mona­te nach der gro­ßen anti­fa­schi­sti­schen Demon­stra­ti­on gegen die AfD mit ver­mut­lich wirk­lich zehn­tau­sen­den Teil­neh­men­den wird dann hof­fent­lich eine ähn­lich gro­ße Frie­dens­ma­ni­fe­sta­ti­on gegen den Kriegs­rat der Nato in der Mes­se Essen Pro­test erheben.

Die Tagungs­un­ter­la­gen für die JAPCC-Jah­res­kon­fe­renz 2024 unter­strei­chen die­se Not­wen­dig­keit: Dort kün­di­gen die Stra­te­gen an, dass sie Ant­wor­ten fin­den wol­len auf die Fra­ge; wie sich die Nato ihrer Ansicht nach auf den Wan­del der glo­ba­len Sicher­heits­la­ge, auf neue Kon­flik­te und neue Tech­no­lo­gien ein­stel­len soll­te. Dabei geht es ihnen bei der Work­shop-Pla­nung (Panels) dar­um, die Rol­le gemein­sa­mer Luft- und Raum­fahrt­kräf­te in den zeit­ge­nös­si­schen Ent­wick­lun­gen des Schlacht­felds zu defi­nie­ren. Natür­lich geht es ihnen bei ihrem Ziel einer Luft­über­le­gen­heit um die Anpas­sung der Nato an das Droh­nen- und Rake­ten­zeit­al­ter. (Über­set­zung und Über­tra­gung der Ankün­di­gung: B.T.)

Not­wen­dig ist der Wider­stand gegen die eine und glei­cher­ma­ßen die ande­re Ver­an­stal­tung in der Mes­se Essen in die­sem Jahr, denn die Gefah­ren am Ran­de des Abgrunds ver­lan­gen eine Abkehr von der Mili­ta­ri­sie­rung, die auch vie­le Kräf­te betrei­ben, die sich gegen die AfD positionieren.

Die­se Poli­tik der Mili­ta­ri­sie­rung auf Kosten der Umwelt, der Infra­struk­tur und des Sozi­al­sy­stems berei­tet den Rechts­extre­men, gegen die Regie­rungs­par­tei­en und ande­re füh­ren­de Kräf­te sich posi­tio­nie­ren, den Boden.