Sommerzeit ist Reisezeit, und Arbeitsminister Hubertus Heil war im Juli in Indien auf der Suche nach Fachkräften. Es war auch eine Bildungsreise, denn er musste überrascht feststellen, dass auch Inder Menschen sind: »Da kommen nicht nur Arbeitskräfte und Fachkräfte«, warnte Heil im ARD-Interview vom 19.07.23: »Es kommen Menschen, die müssen wir anständig behandeln.« Was »wir« ja mit Arbeitskräften sonst nicht tun. Es sei denn, sie arbeiten in der Bundesregierung und können selbst beschließen, was »anständig« ist. »Anständig« ist es demnach, sich eine Inflationsprämie in Höhe von 3.000 Euro pro Kopf auszahlen zu lassen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit begründete den Kabinettsbeschluss vom 13.07.23 mit der »wirkungsgleichen und systemgerechten« Übertragung der jüngsten Tarifeinigung für den Öffentlichen Dienst. (jW, 14.07.23)
Patienten dagegen müssen nicht »anständig« behandelt werden, sondern kostengünstig und profitabel. Und nach den neuen Bedingungen, die im »Eckpunktepapier« der Bund-Länder-Kommission für die Krankenhausreform stehen. Die Fallpauschale bleibt, die Gewinnorientierung bleibt, und damit bleibt auch die Notwendigkeit, Kliniken zu schließen, die nicht rentabel arbeiten. Die Versorgung der Patienten steht eben nicht im Fokus von Krankheitsminister Lauterbach und seinen Kollegen. Schon gar nicht die »anständige« Behandlung von Krankenhauspersonal – es sei denn, es handelt sich um Inder. Zumindest muss es »anständig« aussehen, damit indische Fachkräfte überhaupt ins Land kommen wollen. Dafür können »wir« allerdings keine AfD in Regierungen brauchen. Und wie verhindern »wir« eine AfD Regierung? Indem »wir« über Herrn Merz diskutieren, der zumindest auf kommunaler Ebene eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD nicht völlig ausschließen will – warum sollte er auch. Auf der Ebene der Fremdenfeindlichkeit arbeiten CDU und AfD schließlich Hand in Hand: Die AfD stellt eine Forderung auf, und die CDU setzt das dann – etwas zivilisierter formuliert – um. Das geht doch schon die ganze Zeit so, dafür musste nicht erst Herr Merz kommen. Aus Angst vor rechten Wutbürgern wurde das Asylrecht bereits abgeschafft, und aus Angst vor populistischen Parteien werden nun Lager an den Europäischen Grenzen errichtet. Ein »Schinken der Hoffnung«, den Frau Baerbock anstelle eines Leuchtfeuers in Südafrika in Aussicht stellte. Bei mehrheitlich muslimischen Menschen ist das vielleicht schon abschreckend genug.
Man kann diese Lager ja als Testgelände sehen, wie abschreckend man sein muss, um Menschen fernzuhalten, die in ihrer Heimat nicht mehr leben können. Vielleicht bietet sich ja für diese Menschen auch die Ukraine an? Wie für die Waffen der westlichen Welt? Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow jedenfalls hat die Ukraine als Testgelände für die globale Militärindustrie bezeichnet. Das berichtete die Financial Times am 05.07.23. Resnikow habe sich mit hochrangigen US-amerikanischen Beamten getroffen und in einem Interview laut Financial Times gesagt, Kiews Verbündete der Nato »können nun sehen, ob ihre Waffen tatsächlich funktionieren, wie effizient sie arbeiten und ob sie aufgerüstet werden müssen«. Und er fügte hinzu: »Für die Militärindustrie der Welt kann man kein besseres Testgelände erfinden« (jW, 06.07.23).
Wenn die Ukraine jetzt im umkämpften Gebiet Streubomben einsetzt, die ja schon im Irak und in Kambodscha genügend getestet wurden, will sie uns dann damit zu verstehen geben, dass sie auf diese Gebiete gar keinen Anspruch mehr erhebt?
In diesem Sinne plädiere ich für eine Umbenennung der Ukraine nach dem Motto: »Was draufsteht, sollte drin sein.« Das meinte Vorstandschef Tobias Meyer zur Umbenennung der Deutschen Post in DHL-Group (jW, 04.07.23) Die Briefzustellung macht nur noch 7 Prozent des Umsatzes aus und soll noch weiter zurückgefahren werden. Nicht nur montags gibt es also keine Post mehr, sondern überhaupt soll der Name »Post« aus dem Verkehr gezogen werden. Bald heißt die Bahn dann wohl auch nicht mehr »Bahn«, weil ja eh kein Zug mehr pünktlich ankommt und die »Deutsche Bahn« ihre Gewinne auch nicht mehr in vollen Zügen macht, sondern mit internationaler Logistik. Und ihre Passagiere auch nicht mehr »anständig« behandeln muss, es sei denn, sie kommen aus Indien, was wohl selten passiert – wohl aus geografischen Gründen.