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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Andreas Riekeberg Mangelhaft: Plan für Atommüll aus Asse II

Es geht um viel. Den­noch war nur ein regio­na­les Rau­schen im Blät­ter­wald zu ver­neh­men. Am 10. Juli stell­te die Bun­des­ge­sell­schaft für End­la­ge­rung in Wol­fen­büt­tel den Rück­hol­plan für Asse II vor und gab auch sei­ne Stand­ort­ent­schei­dung für ein neu­es Atom­müll-Zwi­schen­la­ger bekannt. Pro­mi­nen­te­ste Gäste: Syl­via Kot­ting-Uhl (Bünd­nis 90/​Die Grü­nen), Vor­sit­zen­de des Bun­des­tags-Umwelt­aus­schus­ses, und Nie­der­sach­sens Umwelt­mi­ni­ster Olaf Lies (SPD). Live zuge­schal­tet war Jochen Flas­barth, Staats­se­kre­tär im Umweltministerium.

Flas­barth sorg­te für Erstau­nen im Audi­to­ri­um, als er in der Aus­ein­an­der­set­zung um die Errich­tung eines Atom­müll-Zwi­schen­la­gers ver­kün­de­te, die Bun­des­re­gie­rung ste­he hin­ter der Ent­schei­dung, mög­lichst unmit­tel­bar am Schacht Asse II ein sol­ches Zwi­schen­la­ger zu errich­ten. Offen­bar wur­de unab­hän­gig von dem Ergeb­nis eines Ver­gleichs mög­li­cher Stand­or­te im Kabi­nett bereits ent­schie­den. Dann wäre der Stand­ort­ver­gleich der Bun­des­ge­sell­schaft für End­la­ge­rung (BGE) kaum mehr als ein Feigenblatt.

Für lan­ge Gesich­ter bei der Geschäfts­füh­rung der BGE sorg­te hin­ge­gen die Exper­ti­se der wis­sen­schaft­li­chen »Arbeits­grup­pe Opti­on – Rück­ho­lung« (AGO). Die Wis­sen­schaft­ler­grup­pe arbei­tet dem Asse-II-Begleit­pro­zess zu und nahm Stel­lung zum Rück­hol­plan der BGE über die Ber­gung des Atom­mülls aus der Schacht­an­la­ge Asse II und den wei­te­ren Umgang mit dem Müll (https://www.ptka.kit.edu/ptka-alt/wte/421.php).

Schon der Titel des Berich­tes, moniert die AGO, wer­de »dem Anspruch nur zum Teil gerecht«, weil »kein klar umris­se­ner Weg zu Vor­be­rei­tung, Durch­füh­rung und Abschluss der Rück­ho­lung beschrie­ben« wer­de. Es sei eine »Zusam­men­fas­sung lang bekann­ter Sach­ver­hal­te, kei­ne Planung«.

Zur Fra­ge, ob an der Asse ein Zwi­schen­la­ger für Atom­müll errich­tet wird, stellt die Wis­sen­schaft­ler­grup­pe fest, dass die BGE »die For­de­rung der Begleit­grup­pe und der AGO nach Berück­sich­ti­gung zwei­er kon­kre­ter Asse-fer­ner Stand­or­te beim Stand­ort­ver­gleich nicht erfüllt«. Es sei »ein Ver­fah­ren gewählt [wor­den], das fak­tisch auf den Grund­satz hin­aus­läuft ›ein geeig­ne­ter Stand­ort genügt‹«.

Die AGO kri­ti­siert auch, wel­che radio­ak­ti­ven Emis­sio­nen in die Berech­nung der Bela­stung für die Anwohner*innen ein­ge­hen: »Die Ablei­tungs­wer­te der Schacht­an­la­ge [sind] kein geeig­ne­ter Schät­zer für die Ablei­tung bei/​nach Rück­ho­lung«, denn »unter den der­zei­ti­gen Lage­rungs­be­din­gun­gen ist von einer star­ken Rück­hal­tung der Radio­nu­kli­de aus­zu­ge­hen. … Eine ange­mes­sen-kon­ser­va­ti­ve Berück­sich­ti­gung bei über­tä­gi­ger Lage­rung der Abfäl­le könn­te ggf. auch zu einer Bewer­tung füh­ren, bei der Asse-fer­ne Stand­or­te gün­sti­ger abschneiden.«

Der BGE-Rück­hol­plan die­ne im Wesent­li­chen dem Ziel, mög­lichst nah an der Asse ein Zwi­schen­la­ger für Atom­müll zu errich­ten: »Der Such­pro­zess scheint vor­ran­gig am Aspekt der ein­fa­chen Durch­setz­bar­keit ori­en­tiert.« Fer­ner hält die AGO fest, dass sie eine »Aus­le­gung des Zwi­schen­la­gers auf die Lage­rung von Kern­brenn­stoff [für] nicht nötig« erach­tet. Die AGO sieht sogar die Gefahr, dass beab­sich­tigt wer­den könn­te, »in Zukunft das Zwi­schen­la­ger Asse für die Lage­rung von Kern­brenn­stof­fen zu nut­zen«. Zu den zahl­rei­chen man­gel­haft aus­ge­führ­ten The­men­be­rei­chen gehö­ren nach ihrem Urteil unter ande­rem »Lang­zeit­aspek­te der Zwi­schen­la­ge­rung und alter­na­ti­ve Optio­nen, Umwelt- und Strah­len­schutz­aspek­te bei Stand­ort­aus­wahl und Rück­ho­lung, Tech­ni­sche Umsetz­bar­keit von Rückholvarianten«.

Der Asse-II-Koor­di­na­ti­ons­kreis (A2K) unab­hän­gi­ger Bür­ger­initia­ti­ven kann sich durch die Stel­lung­nah­me der AGO dar­in bestä­tigt sehen, den soge­nann­ten Rück­hol­plan der BGE zurück­zu­wei­sen, beson­ders in fünf Punkten:

Erstens bestehe eine tie­fe Kluft zwi­schen dem Anspruch, den der Titel »Rück­hol­plan« ver­mit­telt, und dem Inhalt der BGE-Aus­ar­bei­tung. Zwei­tens ver­hal­te sich die BGE igno­rant gegen­über dem Ver­lan­gen aus der Regi­on, zwei kon­kre­te Asse-fer­ne Stand­or­te für ein Atom­müll-Zwi­schen­la­ger in einen Ver­gleich ein­zu­be­zie­hen, und sie ver­nach­läs­si­ge drit­tens die Emis­si­on radio­ak­ti­ver Teil­chen aus dem Atom­müll. Vier­tens sei die durch die neue Strah­len­schutz­ver­ord­nung beding­te Umstel­lung der Art und Wei­se, wie aus gege­be­nen radio­ak­ti­ven Emis­sio­nen die Bela­stung der Men­schen in der Umge­bung berech­net wird, weder öffent­lich wahr­ge­nom­men noch wer­de im Rück­hol­plan dar­auf hin­ge­wie­sen, obwohl die­se Umstel­lung zu unab­seh­ba­ren Kon­se­quen­zen für die Abschät­zung führt, wie gefähr­lich Atom­an­la­gen für Anwohner*innen sind. Und fünf­tens sei der soge­nann­te Rück­hol­plan mehr dar­an inter­es­siert, ein lang­fri­sti­ges Zwi­schen­la­ger und eine Atom­müll-Kon­di­tio­nie­rungs­an­la­ge an der Asse zu errich­ten, als am Schutz von Mensch und Umwelt vor Radioaktivität.

Hei­ke Wie­gel bekräf­tigt das Resü­mee des A2K vor der Lan­des­pres­se­kon­fe­renz in Han­no­ver am 3. Juli: »Alles läuft bei die­sem Rück­hol­plan dar­auf hin­aus, die Errich­tung von Kon­di­tio­nie­rungs­an­la­gen und die Zwi­schen­la­ge­rung von Atom­müll an der Asse mit unzu­tref­fen­den Daten erzwin­gen zu wol­len, ohne vor­her die recht­li­che Zuläs­sig­keit der Pla­nun­gen und der Rück­ho­lung ins­ge­samt zu klären.«

 

Plan zur Rück­ho­lung der radio­ak­ti­ven Abfäl­le aus der Schacht­an­la­ge Asse II – Rück­hol­plan, Pei­ne 2020, sie­he unter: https://www.bge.de/fileadmin/user_upload/Asse/Wesentliche_Unterlagen/Rueckholungsplanung/Der_Rueckholplan/2020-02-19_Rueckholplan_Rev00.pdf; Stel­lung­nah­me des Asse II-Koor­di­na­ti­ons­krei­ses (unab­hän­gi­ge Bür­ger­initiat­ven gegen die Flu­tung von Asse II) zum BGE-Rück­hol­plan: https://www.asse-watch.de/pdf/PM_A2K_2020-04-16_zu_BGE_Rueckholungsplan.pdf