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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Alexanderplatz im Fokus

Der 1937 in Chem­nitz gebo­re­ne und heu­te in Klein­mach­now bei Ber­lin leben­de Foto­graf Tho­mas Bill­hardt war in der DDR vor allem als Rei­se­fo­to­graf bekannt, der fast fünf­zig Län­der berei­ste und die dort ent­stan­de­nen Bil­der welt­weit publi­zie­ren konn­te. Welt­be­rühmt wur­den sei­ne Fotos, mit denen er die Schrecken des Viet­nam-Krie­ges dokumentierte.

Sei­ne Mut­ter, eben­falls Foto­gra­fin, hat­te ihn bereits im Alter von 14 Jah­ren an die Foto­gra­fie her­an­ge­führt. Nach einem Stu­di­um an der Fach­schu­le für ange­wand­te Kunst in Mag­de­burg sam­mel­te er erste prak­ti­sche Erfah­run­gen als Werks­fo­to­graf im Braun­koh­le­ta­ge­bau in Groß­kay­na. Spä­ter absol­vier­te er noch ein Stu­di­um zum Foto­gra­fi­ker und Foto­de­si­gner an der Hoch­schu­le für Gra­fik und Buch­kunst in Leipzig.

Sei­ne Diplom­ar­beit 1963 über den Alex­an­der­platz in Ber­lin soll­te der Aus­lö­ser wer­den, dass ihn die­ser Platz mit sei­nen mar­kan­ten Bau­wer­ken und sei­ner Atmo­sphä­re auch spä­ter immer wie­der fas­zi­nier­te. Auf dem rie­si­gen Are­al war das pure Leben, hier war alles in Bewe­gung. Rund um die berühm­te Welt­zeit­uhr strahl­te der Platz für Bill­hardt immer etwas Neu­es und Ban­nen­des aus.

Im Mit­tel­deut­schen Ver­lag ist nun ein umfang­rei­cher Bild­band erschie­nen, der die fast sech­zig­jäh­ri­ge Beschäf­ti­gung Bill­hardts mit dem Alex­an­der­platz zeigt, der bei Ber­li­nern und Tou­ri­sten glei­cher­ma­ßen beliebt ist. Ein Groß­teil der Auf­nah­men (meist in Schwarz-Weiß) zeigt das pul­sie­ren­de Herz der ehe­ma­li­gen DDR-Haupt­stadt in den 1960er Jah­ren, als sein Aus­se­hen sich stark ver­än­der­te. Er wur­de zu einer jah­re­lan­gen gro­ßen und immer mehr erwei­ter­ten Bau­stel­le, die Bill­hardt auch aus luf­ti­ger Höhe – uner­laub­ter­wei­se – von einem Bau­kran oder vom Fern­seh­turm foto­gra­fisch doku­men­tier­te. Die Errich­tung des »Tele­spar­gels« hielt er eben­falls in den ein­zel­nen Etap­pen fest. Zu DDR-Jah­res­ta­gen wur­den zudem neue »Groß­bau­ten« oder Kunst­wer­ke rund um den Alex eröff­net, die natür­lich auch sein Inter­es­se weckten.

In den 1970er und 1980er Jah­ren über­wie­gen die Farb­auf­nah­men, z. B. von den Welt­fest­spie­len 1973, dem Pfingst­tref­fen der FDJ 1979 oder von der Kund­ge­bung am 4. Novem­ber 1989, als rund 500.000 für Demo­kra­tie, für Pres­se- und Mei­nungs­frei­heit demon­strier­ten. Den Abschluss der Neu­erschei­nung bil­den eini­ge Foto­mo­ti­ve aus dem Vor­jahr, die in der Blau­en Stun­de auf­ge­nom­men wur­den und den Alex­an­der­platz in einem beson­de­ren Charme zeigen.

Tho­mas Bill­hardt hat sich aber nicht nur für die bau­li­chen Ver­än­de­run­gen des Alex­an­der­plat­zes inter­es­siert, immer wie­der hat er auch einen authen­ti­schen Blick auf die Men­schen gewor­fen, ihre klei­nen Freu­den und ihren All­tag rund um den Platz ein­ge­fan­gen – und das ganz unver­fälscht und abseits der Pro­pa­gan­da, die die offi­zi­el­le Bild­welt der DDR beherrsch­te. Mit fei­nem Gespür für Situa­tio­nen hat Bill­hardt bewe­gen­de und ein­zig­ar­ti­ge Zeit­do­ku­men­te geschaf­fen, in denen man heu­te stau­nend blättert.

Die Film­kom­po­ni­stin Dascha Dau­en­hau­er, die für ihre Arbeit zur Neu­ver­fil­mung des Alfred Döb­lin-Romans »Ber­lin Alex­an­der­platz« mit dem Deut­schen wie auch dem Euro­päi­schen Film­preis aus­ge­zeich­net wur­de, schil­dert in ihrem Vor­wort ihre per­sön­li­chen Ein­drücke vom Alex­an­der­platz, der schon seit ihrer Kind­heit für sie eine magi­sche Anzie­hung hat­te. Tho­mas Bill­hardt gibt in sei­nem Nach­wort »Mein Alex­an­der­platz« einen Ein­blick in sei­nen beruf­li­chen Wer­de­gang als Foto­graf und sei­ne beson­de­re Bezie­hung zum Ber­li­ner Alex.

Tho­mas Bill­hardt: Ber­lin Alex­an­der­platz 1958-2022, Mit­tel­deut­scher Ver­lag, Hal­le 2023, 160 S., 30 €.