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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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AfD: verhandeln, statt verbieten!

Der gesam­te Thea­ter­don­ner um AfD-Ver­bots­ver­su­che lich­tet sich noch vor den Bun­des­tags­wah­len: Es gibt kei­ner­lei juri­sti­sche Erfolgs­aus­sich­ten! Damit tritt auch der Nucleus der Kri­mi­na­li­sie­rung aus sei­ner Umne­be­lung: In Wahr­heit soll nur ein Ver­han­deln von BSW und AfD ein­ge­schüch­tert bleiben.

Der Auf­bau west­lich-woker Mei­nungs­dik­ta­tu­ren war durch die BRICS-Staa­ten bereits ins Stocken gera­ten, weil die die Russ­lan­d/Chi­na-Sank­tio­nen nicht mit­ma­chen. Jetzt droht er, in einer Gruft zu ver­sin­ken – gemein­sam mit Kama­la Har­ris, der grü­nen Ampel (mit Ober­scharf­rich­te­rin Faeser) und der »pro­eu­ro­päi­schen« Oppo­si­ti­on in Geor­gi­en – nach deren Wahlpleite.

Frie­den mit Russ­land hat zwar weni­ger Regen­bo­gen­fah­nen, aber dafür eine brei­te Völ­ker­front gegen uni­po­la­re Dol­lar- und Pen­ta­gon-Welt­dik­ta­tur, die zwar mit zwei Bil­lio­nen Euro noch welt­weit 74 Pro­zent aller Rüstungs­aus­ga­ben, 902 aus­län­di­sche US-Mili­tär­stütz­punk­te und Spio­na­ge­zen­tren kon­trol­liert, aber in einer schwe­ren Wirt­schafts­kri­se steckt und ihr Aus­plün­de­rungs­re­gime rhe­to­risch nur noch auf eine Bevöl­ke­rungs­min­der­heit stüt­zen darf (allein die chi­ne­si­sche Bevöl­ke­rung ist vier­mal mehr als die der USA).

Käme es jetzt noch zu Ver­hand­lun­gen oder zur Annä­he­rung von BSW mit AfD, wäre womög­lich auch Deutsch­land – mit­tels einer »rechts/­links-Oppo­si­ti­on«, breit wie BRICS, für Frie­den mit Russ­land – kein so treu­er US-Vass­alle mehr. In den USA koope­rie­ren bereits Lin­ke wie Tul­si Gab­bard und Robert Ken­ne­dy mit Trump.

Umso umtrie­bi­ger las­sen hier­zu­lan­de die Spin­doc­tors vom GMK (geheim­dienst­lich-media­ler Kom­plex) poten­zi­el­le Part­ner einer brei­ten Frie­dens­be­we­gung skan­da­li­sie­ren, um bald­mög­lichst aus AfD, FDP, Grü­nen und CDU ihr altes Black­Rock-Regime zu erneu­ern. Und wei­sen mit treu­her­zi­gem Ent­set­zen auf Faschis­mus­for­ma­tio­nen vor 100 Jah­ren. Ein »AfD-Ver­bot« ver­bün­det taz, Jungle World, Cor­rec­tiv, Links­ruck, Tei­le des DGB, der SPD, der VVN.

Die impe­ria­li­sti­schen Mei­nungs­ma­cher hin­ter dem Master­plan, AfD und BSW wei­ter­hin aus­ein­an­der zu hal­ten, insi­stie­ren dar­auf, dass die AfD ein Wie­der­gän­ger der NSDAP sei. Tra­gö­die in Geschich­te wie­der­ho­le sich aber als Far­ce, schreibt Marx. Wer all­zu ein­fäl­tig auf die AfD schlägt, prü­gelt womög­lich bloß die Far­ce des Rechts­extre­mis­mus. Gera­de, wenn BILD über­all Hit­lers sieht, hilft es wenig, immer die­sel­ben AfD-Zita­te wie­der­zu­käu­en, wie Gau­lands »Flie­gen­schiss«, eine gro­tes­ke Ver­harm­lo­sung, für die der sich bereits mehr­fach öffent­lich ent­schul­digt hatte.

Wer vor dem Hin­ter­grund des Dimit­row-Refe­rats auf dem KI-Welt­kon­gress 1935 die anti­im­pe­ria­li­sti­sche Koope­ra­ti­on der BRICS-Staa­ten betrach­tet, wird die lieb­ge­wor­de­nen »Rechts-Links«-Kriterien seit der par­la­men­ta­ri­schen Sitz­ord­nung in Frank­reich von vor 210 Jah­ren zumin­dest aktua­li­sie­ren müs­sen (wie im Som­mer in Ossietzky viel­fach dargelegt).

Dimit­row, wie die mei­sten mar­xi­sti­schen Faschis­mus-For­scher (Abend­roth, Opitz, Kühnl, Hork­hei­mer, Czi­chon etc.), hat­te stets die Dem­ago­gie der Faschi­sten mit dem jewei­li­gen öko­no­mi­schen Kon­strukt exakt bestimm­ter Geschäfts­mo­del­le des Mono­pol­ka­pi­tals abge­gli­chen. Heu­te wären also dazu Fra­gen statt­haft: Ist mit die­ser AfD eine »offe­ne ter­ro­ri­sti­sche Dik­ta­tur der impe­ria­li­stisch­sten Tei­le des Finanz­ka­pi­tals« (Dimit­row), ana­ly­tisch vor­stell­bar? Steht ein Mono­pol­ka­pi­tal, ähn­lich wie 1932 Krupp, Thys­sen, Stin­nes, Deut­sche Bank und Co., tat­säch­lich für »wirt­schaft­li­chen Natio­na­lis­mus, eine Aut­ar­kie« (Dimit­row)? Also, mal ange­nom­men, Höckes Sprü­che wären zwar 1930 bei der SA mit Kuss­hand auf­ge­nom­men wor­den, wel­ches auf wirt­schaft­lich euro­pa­zen­trier­te Aut­ar­kie-ori­en­tier­te Finanz­ka­pi­tal wür­de Höcke dann zu einer wasch­ech­ten faschi­sti­schen Gefahr für das heu­ti­ge bür­ger­lich-demo­kra­ti­sche System hoch­fi­nan­zie­ren – wie einst Hitler?

Statt dar­auf prä­zi­se zu ant­wor­ten, beru­fen sich lin­ke Befür­wor­ter eines Ver­bots von AfD auf den Zen­tral­rat der Juden und den Ex-Ver­fas­sungs­schutz-Chef Hal­den­wang – und was der »gesi­chert rechts­extrem« fin­det. Sie zitie­ren laue Sprü­che von Staats-Come­di­ans wie Ker­ke­ling, Böh­mer­mann, Ehlers oder Wel­ke zu migra­ti­ons­feind­li­chen Äuße­run­gen der AfD, die bei den »Par­tei­en der Mit­te« aller­dings ähn­lich chau­vi­ni­stisch klin­gen. Nur eben nicht den Fun­da­men­tal­un­ter­schied von Hit­lers Anti­se­mi­tis­mus zu Pro-Zio­nis­mus-Bekennt­nis­sen der AfD-Füh­rung. Und nicht die drecki­ge, impe­ria­li­sti­sche Tra­di­ti­on des Anti­kom­mu­nis­mus bei AfD, ARD, CDU, FDP, Grü­nen & Co, wel­cher dann als »Extre­mis­mus der Mit­te« (Baab) nicht nur Kom­mu­ni­sten ver­folgt, son­dern jede Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on der Aus­ge­plün­der­ten zer­schla­gen will.

Selbst also, wenn sich alt- und neu-»rechte« Sprü­che und Bil­der glei­chen, das Geschäfts­mo­dell von Hit­lers Finan­ziers ist gegen­wär­tig und auf abseh­ba­re Zeit eher auf Merz und sei­ne poten­ti­el­len Koali­ti­ons­part­ner Pisto­ri­us, Faeser, Habeck, Baer­bock und Söder über­trag­bar als auf AfD­ler. Die übri­gens die ersten deut­schen Nazis wären, die »Frie­den mit Russ­land« fordern.

Die Deut­sche Bank hat längst kei­ne Pro­fit­ori­en­tie­rung auf »öko­no­mi­schen Natio­na­lis­mus und Aut­ar­kie« (Dimit­row) mehr, allein wegen ihrer undeut­schen Fir­men­mehr­heit (Sau­dis, Qatar, Black­Rock etc.). Black­Rock hat sei­ne Füh­rung unter 50 Pro­zent wei­ße Män­ner gegen­dert und demon­striert in Regen­bo­gen­far­ben (wie Lock­heed und CIA) mit LGBTQ+ Peo­p­le beim CSD. Gates und Bezos haben wacker gegen Trump gestrit­ten; der Mul­ti­mil­li­ar­där Sor­os gegen Orban. Was also heut­zu­ta­ge »rechts­extrem« oder faschi­stisch ist, bedarf einer begriff­li­chen Umju­stie­rung – vor allem aufs trans­na­tio­na­le Agieren!

Schon Dimit­row hat­te 1935 trans­na­tio­na­le Öl- und Bank-Quer­ver­bin­dun­gen der faschi­sti­schen Ach­sen­mäch­te eva­lu­iert. Wer­ner Rüge­mer hat jüngst US-Finan­zie­rungs­quel­len Hit­lers bloß­ge­legt. Außer­deut­sche, inter­na­tio­na­li­sti­sche Anti­fa­schi­sten den­ken wei­ter als pro­im­pe­ria­li­sti­sche Anti­fas hier­zu­lan­de. Sie erin­nern an den faschi­sti­schen Putsch in Indo­ne­si­en 1965, bei dem – US-gestützt – drei Mil­lio­nen Anhän­ger lin­ker Par­tei­en mas­sa­kriert wur­den. »Die Gescheh­nis­se 1965 waren zugleich ein Expe­ri­men­tier­feld und Dreh­buch zum wei­te­ren Vor­ge­hen der rechts­ra­di­ka­len Kräf­te in der US-Poli­tik und der CIA in Latein­ame­ri­ka und Afri­ka gegen die Aus­brei­tung des Kom­mu­nis­mus.«. »Jakar­ta« wur­de zum Schlacht­ruf der rech­ten Put­schi­sten in aller Welt zum Sturz lin­ker Regie­run­gen, zum Mas­sen­mord und Ver­schwin­den­las­sen aller Grup­pie­run­gen, die sich dem US-Impe­ria­lis­mus ent­ge­gen­stell­ten. »Jakar­ta kommt« wur­de 1973 in Chi­le von rechts­extre­men Grup­pie­run­gen auf Häu­ser­wän­de und Mau­ern geschmiert (Tania Diaz, Rot­Fuchs, Nov. 24, S. 29). Pino­chet war also nicht das erste Bei­spiel dafür, was Faschi­sten und neolibe­ra­le Anti­kom­mu­ni­sten gemein­sam ver­mö­gen. Auch Hit­ler nann­te sich in Schrö­ders Deut­zer Bank­haus Anfang 1933 bereits »wirt­schaft­lich gese­hen einen Liberalen«.

Um es zu poin­tie­ren: Wäh­rend deut­sche Lin­ke und ver­meint­li­che Anti­fas den Blick auf Faschis­mus auf euro­zen­trisch trim­men, sind Anti­fa­schi­sten in den BRICS-Staa­ten längst auf­ge­wacht: Der Faschis­mus ist mitt­ler­wei­le so trans­na­tio­nal, wie sei­ne Fein­de anti­im­pe­ria­li­stisch sein müs­sen – im Gei­ste Dimit­rows. Die »Ver­ei­nig­te Sozia­li­sti­sche Par­tei Vene­zue­las« beschrieb jüngst den Faschis­mus »als bewaff­ne­ten Flü­gel« des Impe­ria­lis­mus und kün­dig­te »die Grün­dung der ersten anti­fa­schi­sti­schen Inter­na­tio­na­le mit Sitz in Cara­cas an« (Rot­Fuchs, S. 27).

Anti­eu­ro­päi­sches oder anti­ame­ri­ka­ni­sches Getö­se dürf­te hin­ge­gen bei Wei­del, käme sie in die Nähe von Staats­macht, von eben­solch kur­zer Halb­werts­zeit sein, wie bei LePen und Melo­ni. Die rechts­extre­me Ket­ten­sä­ge Milei jeden­falls woll­te von Anfang an den Dol­lar als argen­ti­ni­sche Leit­wäh­rung einführen.

Alle Faschis­men seit 1922 ziel­ten mör­de­risch gegen die orga­ni­sier­te Arbei­ter­be­we­gung nach innen und für hyper­im­pe­ria­li­sti­schen Krieg nach außen. Was sie – bis­lang jeden­falls – von der AfD unter­schei­det. Der Krieg in der Ukrai­ne hat, wie kein ande­rer Welt­kon­flikt, beson­ders mit den Biden/­Merz-Plä­doy­ers für ukrai­ni­sche Tau­rus- und Rake­ten­an­grif­fe auf Mos­kau, das Zeug für einen ato­mar bestück­ten Welt­krieg. Dar­um wäre es womög­lich für Demo­kra­tie und Frie­dens­be­we­gung bele­ben­der, wenn BSW mit AfD über Abrü­stung, Mei­nungs­frei­heit und Sozi­al­staat, also über einen Neu­an­fang des Grund­ge­set­zes – auch lan­des­po­li­tisch – ver­han­deln wür­de. Nicht in Hin­ter­zim­mern, son­dern in neu­em Stil, etwa im Bei­sein alter­na­ti­ver Medi­en, wie z. B. Nach­denk­sei­ten oder Tele­po­lis. Natür­lich kann das auch schei­tern. Aber dann transparent.

Die Chan­ce dazu wur­de vor den Land­tags­wah­len in Thü­rin­gen, Sach­sen und Bran­den­burg ver­tan. Und die­se ver­pass­te Gele­gen­heit knallt jetzt im über­flüs­si­gen Kon­flikt Wagen­knecht-Wolf in Thü­rin­gen als Stol­per­stein dem BSW auf die Füße. Schon allein des­we­gen muss jetzt die Kon­takt­sper­re weg. Um außer­par­la­men­ta­risch die Frie­dens­be­we­gung vom Düm­peln unter 50.000 Teil­neh­mern bun­des­weit in die Nähe jener Hun­der­tau­sen­den hoch zu mobi­li­sie­ren, die im Kampf gegen US-Atom­ra­ke­ten in den Acht­zi­gern »rechts und links« erreicht wur­den. Aber auch par­la­men­ta­risch muss vor den Bun­des­tags­wah­len ein Droh­sze­na­rio auf­leuch­ten, das wenig­stens die impe­ria­li­stisch­sten Kräf­te in Kapi­tal und Poli­tik mit­samt ihren Medi­en ein­schüch­tern sollte.