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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Dichterfrühling

Wenn der Win­ter sich ver­zieht und der Mensch was Grü­nes sieht,
dann beginnt, das find ich bon, beim Poe­ten die Saison.

Walt­her von der Vogel­wei­de war am Beu­tel mei­stens pleite.
Wenn er Min­ne­lie­der sang, trieb er‘s den­noch tagelang.

Franz Vil­lon, der stei­le Zahn, fing mit Mar­got etwas an,
strich ihr über Brust und Bäu­che und genoss die Lustgeräusche.

Har­ry Hei­ne an der Sei­ne kam schwer mit sich selbst ins Reine.
Lie­be und Pari­ser Luft wärm­ten die Matratzengruft.

Möri­ke und Gott­fried Kel­ler schlu­gen ihre Her­zen schneller.
Kaum, dass Früh­lings­lüf­te blie­sen, lie­ßen sie Gereim­tes fließen.

Goe­the schnup­per­te ein Weil­chen, dann erspäh­te er ein Veilchen.
als er mit Char­lot­ten balz­te und zugleich Ama­li­en halste.

Schil­ler, blickt man heut zurück, hat­te wenig Liebesglück.
Das schlug sich, mal bös, mal bie­der, stark in sei­nen Dra­men nieder.

Frei­lig­grath und Fal­lers­le­ben lie­ßen Frau­en­her­zen beben.
Manch­mal wur­de es fatal, weil, es klang zu national.

Höl­der­lin am Neckar­strand nahm die Feder in die Hand
und beschrieb, es war enurm, Len­zen­hauch im Schreinerturm.

Theo Storm und Gott­fried Seu­me fuhr der Früh­ling in die Träume.
Was real noch sonst gewe­sen, das ist lyrisch nachzulesen.

Adal­bert von Cha­mis­so wur­de kaum des Lebens froh.
Doch der Lenz in sei­nen Len­den ließ ihn Lie­bes­lie­der spenden.

Brecht und sei­ne vie­len Wei­ber, klu­ge Köp­fe, stram­me Leiber.
Drang der Lenz in sei­ne Sin­ne, för­der­te das sein Gespinne.

Erich Fried war ohne Fra­ge Spit­zen­schrei­ber uns­rer Tage.
Haben Frau­en ihn gespon­sert, hat er Lyrik abgesondert.

Hei­ner Mül­ler, Peter Hacks leb­ten ihren Seelenknacks
und ver­fie­len in die Brunft, schlug der Lenz in ihre Zunft.

See­len­r­ei­mer uns­rer Tage dich­ten häu­fig ziem­lich wage.
Wol­len sie ein Weib ver­füh­ren, kön­nen sie‘s nicht inszenieren.

Pfeift der Früh­ling durch die Där­me, gibt das den Poe­ten Wärme.
Was soll ich hier noch wei­ter lügen – dem ist nichts hinzuzufügen.