Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Nous sommes Charlie

Der Mün­che­ner »Tat­ort« vom 02.03. – »Char­lie« –, vom Kri­mi­ge­halt her übli­che Kost, zeig­te, in wel­cher Absicht er das auch getan haben mag, ver­mut­lich rea­li­stisch, wie es hin­ter den Umzäu­nun­gen von mili­tä­ri­schen Anla­gen (und vor ihnen; z. B. bei den fas­zi­nier­ten Flug­ge­räts­pot­tern) zugeht. Die Inten­si­tät, Akri­bie und frag­lo­se Hin­ga­be, die dem Umgang und Üben mit Zer­stö­rungs­ma­schi­nen ent­ge­gen­ge­bracht wer­den, zeu­gen ganz augen­schein­lich vom Wil­len, ein In-Schutt-und-Asche-Legen so per­fekt vor­zu­be­rei­ten und zu betrei­ben wie nur mög­lich. Auf Ver­hee­rung, modernst betrie­be­nes Umbrin­gen und dazu pas­sen­de Gesin­nung jeden­falls hat das mili­tä­ri­sche und zivi­le Kano­nen­fut­ter ein unab­ding­ba­res Men­schen­recht; des­halb ist gemäß der Prä­si­den­ten­de­vi­se »Frag nicht, was dein Land für dich tun kann…« eige­nes (Über-)Lebensinteresse als vater­lands­ver­rä­te­ri­sches zurück­zu­wei­sen, wes­halb unsi­che­ren Kan­to­ni­sten und Ohne­mi­chels auch ent­spre­chen­de Beob­ach­tung bzw. Behand­lung gebührt. Dies zur­zeit in Form von »Anfra­gen« (Merz) dazu, wel­chen deut­schen NGOs – und »Beein­flus­sungs­agen­ten von außen«, vor denen das gro­ße »Wir« unbe­dingt zu schüt­zen ist – als Fel­der suspek­ter Mei­nungs­for­mung das Hand­werk zu legen wäre.

Zuge­ge­ben, das ist nun eine Chi­mä­re, aber wenn die Ver­bes­se­rung von Lebens­be­din­gun­gen auch nur einen Bruch­teil des Enga­ge­ments und der Unbe­irr­bar­keit erfüh­re, die den deut­schen und euro­päi­schen staat­li­chen Wil­len gegen die feind­li­che Welt aus­zeich­nen, in der zuerst ein­mal gegen den Russ, die Schlitz­au­gen, Mul­lahs sowie Geg­ner des unab­ge­schlos­se­nen israe­li­schen Staats­grün­dungs­pro­jekts (eine Zwei­staa­ten­lö­sung ist grund­sätz­lich inak­zep­ta­bel) Kriegs­fä­hig­keit her­ge­stellt wer­den muss, auch wenn der gan­ze Schnee ver­brennt, dann wäre »die Welt« eine bekömm­li­che­re. Das Chi­mä­ri­sche die­ses »Wenns« scheint auch kurz im Film im Wort­wech­sel zwi­schen dem droh­nen­skep­ti­schen Leit­mayr und der Mili­tär­po­li­zi­stin auf: Sie ver­ur­teilt sein Beden­ken nicht nur als defä­ti­sti­sche Zumu­tung, die sie sich nicht bie­ten zu las­sen braucht; indem sie das »ver­ständ­nis­vol­le« Fazit »We agree to dis­agree« zieht, kon­fron­tiert sie den »COB« (»Civi­li­an On Batt­le­ground«) mit der Tat­sa­che, die er gar nicht bestrei­ten kann, dass »the force« eben mit ihr ist und nicht mit dem bloß zivi­len Naiv­ling. Sie »macht, was wirk­lich zählt«: eine Dro­hung, die tag­täg­lich von unse­rer »star­ken Trup­pe« und euro­päi­schen »Frie­dens­fas­zi­li­tä­ten« in Pra­xis über­führt wird.

Da kön­nen Lum­pen­pa­zi­fi­sten wie Jef­frey Sachs (vor EU-Abge­ord­ne­ten) oder Harald Kujat lan­ge reden und dar­auf hin­wei­sen, dass z. B. ein euro­päi­scher Krieg gegen Russ­land, für den nach Kräf­ten gerü­stet wird, ein Null­sum­men­spiel ist; bei all ihrem Wil­len, selb­stän­dig gegen Russ­land zu gewin­nen, kann die EU das nicht – und wenn sie es könn­te, so wäre das mit­nich­ten »unse­re Ret­tung«. Aber das ist ein­fach egal, zutref­fend aus­ge­drückt: »unmaß­geb­lich«; Sachs et al. soll­ten bes­ser mit ihrem ver­ant­wor­tungs­lo­sen Beden­ken­trä­ger­tum auf­hö­ren. Es bleibt dabei: Den Gür­tel enger und sich anschnal­len. Die deutsch-euro­päi­sche Posi­ti­on, ein Frie­den im Ukrai­ne­krieg sei nur als Nie­der­la­ge Russ­lands anzu­stre­ben, das sich in den Fän­gen eines »Expan­sio­ni­sten« befin­de (à pro­pos: die Nato mit den ihr zuge­fal­le­nen 32 »Domi­no­stei­nen« sei ja nur so etwas wie ein mensch­heits­be­glücken­der Kegel­klub; cha­cun à son goût, außer dem Russ natür­lich), behan­delt Bevöl­ke­run­gen für »Kano­nen statt But­ter« als mensch­li­che Manö­vrier­mas­se und preist die­se – dar­in stim­men Trump, Scholz, Baer­bock, Habeck, Merz, von der Ley­en, Selen­skyj, Putin usw. über­ein – als »bra­ve free­dom figh­ters«. Der »Wer­te­kom­pass« ist, momen­tan mit euro­päi­scher Abset­zung von Trumps brüs­kie­ren­dem und fei­gem »deal making«, auf eine Rei­se in den Orkus gestellt (ger­ne auch mit nuklea­rer Eigen­stän­dig­keit bzw. zumin­dest mit einer »Teil­ha­be« am »ganz gro­ßen Kino«).

Vom medi­al frei Haus gelie­fer­ten Feld-Herrn-und-Damen­hü­gel aus bleibt eigent­lich nur noch die Fra­ge: Wann end­lich »geht die Luzie ab«? Das ist so span­nend – da kommt kein »Tat­ort« mehr mit. Beglei­tet von Peti­tio­nen dage­gen, Russ­land tot­zu­rü­sten, zie­hen die euro­päi­schen Macher genau das mit Son­der­ver­schul­dung in Win­des­ei­le durch. Wenn Jef­frey Sachs in hilf­lo­ser »Ver­wir­rung«, wie er for­mu­liert, für ein »wirk­li­ches, ver­nünf­ti­ges Euro­pa«, sein Ide­al vom tat­säch­li­chen, plä­diert, so stellt das »Gebell« (Pon­ti­fex Fran­zis­kus) deut­scher Leit­me­di­en fest: Wäre er ein Guter, hät­te er in Dank­bar­keit für das ihm im Unter­schied zu Frau Alba­ne­se (noch) nicht unter­bun­de­ne Rede­recht kei­ne gro­ße Klap­pe ris­kiert. So aber ist er nun ein­mal kei­ner; statt sich nach dem anläss­lich der Rede von J. D. Van­ce auf der Münch­ner Siko erteil­ten Rat Habecks »Mind your own busi­ness« zu rich­ten, maßt er sich Beleh­rung an. Es zeugt von Respekt­lo­sig­keit der Ach­se des Guten gegen­über, nicht anzu­er­ken­nen, dass etwas ande­res als ein Sieg­frie­den nicht in die Hau­bit­ze kommt, wenn es nach den wah­ren Euro­pä­ern geht. Und das tut es.

Jedoch nur falls und inso­weit, als Trump ihnen das auch zuge­steht. Wenn er zusam­men mit Putin auf einem »Deal«-Frieden besteht, so wird dies die euro­päi­sche Koali­ti­on der Kriegs­wil­li­gen mit Empö­rung, Beschwer­den und ohne vom »jeder Schuss ein Russ‘« zu las­sen zu schlucken haben. Sie mögen es bedau­ern, aber zugleich wis­sen sie aus eige­ner Erfah­rung, was Trumps »Eklat« allen Ver­stock­ten gegen­über bekräf­tig­te: der Schwanz wedelt nicht mit dem Hund. Falls es den »Deal«-Frieden gibt, wird das nun Anlass geben zu Erleich­te­rung und Dank an Trump dafür, der »ein­zi­ge Mensch auf dem Pla­ne­ten« zu sein, »der befrie­den kann« (Mar­co Rubio)? Nun wird man sich wie­der beru­higt hin­le­gen kön­nen? Mit­nich­ten. Dar­an lässt, sein Herz auf der Zun­ge tra­gend, der nach sei­ner Selbst­ein­schät­zung das Ori­gi­nal noch über­tref­fen­de Wie­der­gän­ger Geor­ge Washing­tons kei­nen Zwei­fel. Wie gesagt, ver­bleibt nur, so anstän­dig gespannt sein zu dür­fen wie der Hahn einer Büch­se; eine Selbst­ver­ständ­lich­keit nicht nur für Schüt­zen und Flin­ten­wei­ber, son­dern laut »Polit­ba­ro­me­ter« vom 07.03.2025 für 75 Pro­zent der Deut­schen, denen Zer­stö­ren Schul­den hei­ligt. »Nous som­mes Char­lie«: Aktu­ell bedeu­tet dies ein Bekennt­nis zur Bestim­mung als hoch­wer­ti­ges Schlacht­feld. »Blüh im Glan­ze«, o Ren­di­te der Bundesanleihen.