In Die Weltbühne Nr. 30 vom 24. Juli 1949 war etwas zu einem scheinbar abseitigen Thema zu lesen, nämlich zu »Schicklgrubers Unterhosen«, verfasst von Berliner Dampf. Doppelt rätselhaft und verdammt lange her.
Herr Schicklgruber – wer war das gleich? Des »Führers« Vater trug ursprünglich diesen Namen und ließ ihn später wegen einer Erbschaftsangelegenheit in Hitler ändern. Und Berliner Dampf? Unter diesem Pseudonym schrieb Peter Edel satirisch zu verschiedensten Themen, so zu den damals publizierten Memoiren von Hitlers ehemaligem Kammerdiener namens Karl Wilhelm Krause.
Die Glosse fand gar Aufnahme in die Anthologie Scherz beiseite, in der deutschsprachige Prosa-Satire ab 1900 geboten wird und die 1966 in München im Scherz Verlag von G. H. Herzog und Erhardt Heinold herausgegeben wurde. Für Gymnasiasten ist sie weiterhin ein Thema. Das Schroedel-Abitur (https://www.westermann.de) macht’s möglich, um sich mit Literatur und Sprache von 1945 bis zur Gegenwart auf Prüfungen in Deutsch vorzubereiten, diesen Text Peter Edels zu interpretieren sowie Sprache und Sprachgebrauch zu reflektieren. Ein Hoch auf den Verlag!
Antiquarisch und als Neuauflage in 2. Auflage kam 2011 auch Karl Wilhelm Krause wieder im Bochumer Zeitreisen-Verlag zu Wort, der die »neu lektorierte und überarbeitete Auflage« u. a. so avisierte: »Krause räumt mit falschen Behauptungen über Hitler auf und stellt die Ereignisse so dar, wie sie sich in Wahrheit zutrugen. Seine hier festgehaltenen Erlebnisse sind ein wertvolles Dokument, das für die Forschung und den zeitgeschichtlich Interessierten gleichermaßen essentiell ist.« Wie bitte?
2023 sind die 96 Seiten, sofort lieferbar, für 14,95 € von Thalia oder Weltbild weiterhin zu haben. Für 15 Euro kann eine DVD zum Thema erworben werden. Der eigentliche Skandal: Freigegeben ab 16 Jahren!
Der freiheitliche Buchmarkt besitzt augenscheinlich weder Moral noch Anstand, derlei Schund nicht anzubieten. Im Zeitungsladen um die Ecke sieht es nicht anders aus. Dort werden seit 2016 statt mit den berüchtigten »Landser«-Heften in der »Weltkrieg« nazibraune Sichten schamlos propagiert.
Wen wundern da die bedrückenden Vorkommnisse an Schulen in Brandenburg, mit Entsetzen und Hilflosigkeit von Pädagogen und Politik aufgenommen. Sie und alle, denen Zivilcourage scheinbar ein Fremdwort ist und die bürokratie- und gesetzestreu auf heilige Anweisungen der Obrigkeit warten, scheinen Brechts Epilog zu »Arturo Ui« weder zu kennen noch verinnerlicht zu haben:
»Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt› einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.«
Wann endlich wird dieser Rat beherzigt?
Es wäre im Sinne Peter Edels, der vor 40 Jahren am 7. Mai 1963 in Berlin an einer heimtückischen Krankheit verstarb.