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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Die AfD, ihr Parteitag und die Demokratie

Die Stadt Essen gibt ihren Wider­stand gegen die Durch­füh­rung des AfD-Par­tei­ta­ges in der Grugahalle/​Messe Essen nach einem gegen sie gerich­te­ten Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts Gel­sen­kir­chen auf.

Die Stadt­ver­wal­tung hat­te ihren Rück­zug vom Miet­ver­trag mit einer in der AfD um sich grei­fen­den »fort­schrei­ten­den Radi­ka­li­sie­rung« der Posi­tio­nen begrün­det; dabei ver­wies sie unter ande­rem auf die Ver­ur­tei­lung des thü­rin­gi­schen AfD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den Björn Höcke wegen der straf­ba­ren Ver­wen­dung der SA-Losung »Alles für Deutsch­land«. Die Ver­wal­tung ergänz­te, es gebe wei­te­re »kon­kre­te Anhalts­punk­te«, dass bei dem Par­tei­tag ähn­li­che Äuße­rungs­de­lik­te zu erwar­ten sei­en. Sie bezog sich dabei u. a. auf ein ent­spre­chen­des Gut­ach­ten des Sozio­lo­gen Andre­as Kem­per. Er hat­te Bele­ge dafür gesam­melt, dass Björn Höcke vor sei­ner Zeit in der AfD mit dem Tarn­na­men »Lan­dolf Ladig« in NPD-Medi­en publizierte.

Um ver­fas­sungs­wid­ri­ge, anti­de­mo­kra­ti­sche und men­schen­rechts­ver­let­zen­de, also straf­ba­re Aus­sa­ge­gen wäh­rend des Par­tei­tags zu ver­hin­dern, ver­lang­te der Stadt­rat eine ent­spre­chen­de Selbst­ver­pflich­tung der AfD, was die­se ver­wei­ger­te. Dar­auf­hin kün­dig­te Essen den Vertrag.

Das Ver­wal­tungs­ge­richt Gel­sen­kir­chen wies die Auf­kün­di­gung des Über­las­sungs-Ver­tra­ges der Mes­se Essen mit der AfD für ihren Bun­des­par­tei­tag nun zurück. Es bezog sich auf den »Anspruch der AfD auf Gleich­be­hand­lung«. Sie dür­fe nicht anders behan­delt wer­den als ande­re poli­ti­sche Par­tei­en, die dort auch schon getagt hatten.

In der Begrün­dung führ­te das Gericht aus, dass die Nut­zung der AfD nur ver­sagt wer­den dür­fe, wenn die kon­kre­te Gefahr straf­ba­rer Hand­lun­gen bestehe. Bei der Beur­tei­lung die­ser Fra­ge müs­se im Fall von poli­ti­schen Par­tei­en ein stren­ger Maß­stab nach der Ver­fas­sung ange­legt wer­den. Das Gericht konn­te kei­ne hin­rei­chend evi­den­te Tat­sa­chen­grund­la­ge dafür erken­nen, dass es mit hoher Wahr­schein­lich­keit zu Rechts­ver­let­zun­gen kom­men könne.

Das Esse­ner Frie­dens­fo­rum ver­wies vor Mona­ten schon auf inhalt­li­che Posi­tio­nen der AfD und mahn­te, dass der Par­tei­tag der AfD nicht dafür genutzt wer­den dür­fe, den Ein­druck zu erwecken, sie sei eine ganz nor­ma­le demo­kra­ti­sche Partei.

Ich zitie­re aus der Begrün­dung: »Das Esse­ner Frie­dens­fo­rum unter­stützt die Bemü­hun­gen der Stadt Essen, ein Durch­füh­rungs­ver­bot für den AfD-Bun­des­par­tei­tag 2024 in der Mes­se Essen gericht­lich zu erwir­ken. Essen war als damals von den Nazis so genann­te ›Waf­fen­schmie­de des Rei­ches‹ mas­siv vom Kriegs­ge­sche­hen des Zwei­ten Welt­krie­ges erfasst. Zehn­tau­sen­de Esse­ner zahl­ten mit ihrem Leben oder dem Ver­lust ihrer Häu­ser. ›Man muss sich dar­über klar sein, dass die­se Stadt zu einem hohen Pro­zent­satz abge­schrie­ben wer­den muss‹, schrieb J. Goeb­bels, damals Nazi-Pro­pa­gan­da-Chef zwei Jah­re vor Kriegs­en­de in sei­ne pri­va­ten Aufzeichnungen.

Der AfD-Spit­zen­po­li­ti­ker Alex­an­der Gau­land ver­harm­lo­ste das Schick­sal des von den Nazis in den Krieg geführ­ten Lan­des als ›Vogel­schiss in der Geschichte‹.

Wir wis­sen von den Wider­stands­kämp­fern gegen den dama­li­gen faschi­sti­schen Ter­ror, dass der Wider­stand vor 1933 weni­ger ent­schie­den war, als er es hät­te sein müs­sen, da die Men­schen noch kei­ne Erfah­rung mit dem Faschis­mus an der Macht hat­ten. Das ist heu­te anders. Zu den Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten der AfD gehört der Faschist Björn Höcke, der für eine Poli­tik der ›wohl­tem­pe­rier­ten Grau­sam­keit‹ wirbt und von einem Deutsch­land mit einer ›tau­send­jäh­ri­gen Zukunft‹ spricht.

  1. Höckes Grau­sam­kei­ten leh­nen sich ent­spre­chend an den völ­kisch-natio­na­li­sti­schen Ras­sis­mus und Anti­se­mi­tis­mus der Nazis und heu­ti­ger Rechts­extre­mer an. Geheim­tref­fen mit AfD-Betei­li­gung, auf denen sie ›Remi­gra­ti­on‹ sagen, aber mil­lio­nen­fa­che Depor­ta­ti­on mei­nen, ver­deut­li­chen, wel­che Gefahr von die­ser Par­tei aus­geht. Sie ist zudem eine Par­tei der Hoch­rü­stung, in deren Pro­gramm neben einer Auf­rü­stung der Bun­des­wehr die For­de­rung steht, mit einem ›star­ken Korps­geist, (…) Tra­di­tio­nen und deut­sche Wer­te, Tugen­den des Sol­da­ten (…), Ehre, Treue, Kame­rad­schaft und Tap­fer­keit‹ zu pfle­gen. Statt die Ver­bre­chen des deut­schen Mili­ta­ris­mus in den Jahr­hun­der­ten seit Preu­ßen zu benen­nen, for­dert die AfD: ›Die Bun­des­wehr muss die besten Tra­di­tio­nen der deut­schen Mili­tär­ge­schich­te leben. Sie hel­fen, sol­da­ti­sche Hal­tung und Tugen­den – auch in der Öffent­lich­keit – zu mani­fe­stie­ren. Mili­tä­ri­sches Lied­gut und Brauch­tum sind Teil davon.‹

Der von der in die­ser Pro­gram­ma­tik ent­hal­te­ne Mili­ta­ris­mus hat die Welt schon wie­der­holt ins Ver­der­ben geführt. An die­ser Tra­di­ti­on anzu­knüp­fen, wür­de die heu­ti­ge Welt mit hun­der­ten Nukle­ar­an­la­gen und Che­mie­be­trie­ben sowie tau­sen­den Atom­bom­ben ins Infer­no füh­ren, in den letz­ten Krieg der Geschichte.

Die Mil­li­ar­den, die die AfD für die wei­te­re Auf­rü­stung ver­langt, feh­len in der Daseins­vor­sor­ge für die Men­schen in Deutsch­land. Die AfD hat im Bun­des­tag ent­spre­chend u. a. gegen Ver­bes­se­run­gen für Arbeits­lo­se, Woh­nungs­su­chen­de und jun­ge Fami­li­en gestimmt, wäh­rend sie sich für Steu­er­ent­la­stun­gen für Bes­ser­ver­die­nen­de einsetzt.

Aus all die­sen Grün­den ist der Esse­ner Par­tei­tag der AfD unbe­dingt zu ver­hin­dern. Es darf nicht der Ein­druck ent­ste­hen, die AfD sei eine nor­ma­le Partei.«